Die Wirksamkeit von Bildungsprozessen steigern: Wissenschaft und Bildungspraxis im Dialog
Leadership Spring Academy in Alpbach
Vom 16. bis 18. März 2014 wurde das Kongresszentrum in Alpbach zum Campus für Führungskräfte des Bildungswesens aus ganz Österreich, um „Wirksamkeit von Bildungsprozessen im Schulsystem“ zu diskutieren. Das Vernetzungstreffen der Leadership Academy (LEA) führte alle zehn Generationen der Leadership Academy zusammen, um die aktuellsten Themen im internationalen Bildungsdiskurs aufzugreifen. Das Thema der Wirksamkeit und Evidenzbasierung beherrscht gegenwärtig alle Gesellschaftsbereiche. „Evidenzbasierung ist derzeit der Schlüsselbegriff, wenn es um Fragen von Erziehung und Unterricht, aber auch um die Wirksamkeit ganzer Bildungssysteme geht“, wie Sektionschef Kurt Nekula, MA, bei der Eröffnung der Veranstaltung betonte. „Ein wichtiges Format wie dieses auf die Beine zu stellen, dafür danke ich der verantwortlichen Stabstellenleitung im Ministerium, Mag. Maria Gruber-Redl, sowie der wissenschaftlichen Leitung der LEA, den Professoren Dr. Michael Schratz und Dr. Wilfried Schley ganz besonders.“
Die generationenübergreifende Netzwerkveranstaltung wies eine hochkarätige internationale Besetzung auf: Univ.-Prof. Dr. Joachim Bauer (Universität Freiburg), Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Beywl (Fachhochschule Nordwestschweiz) sowie Univ.-Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland (Universität Hamburg) gaben in ihren Vorträgen richtungsweisende Impulse auf die Frage, wie die Wirksamkeit im Schulsystem gesteigert werden könne.
„Die Wirkung von Bildungsprozessen hängt entscheidend von der Beziehungsqualität ab“, eröffnet der Neurowissenschafter Univ.-Prof. Dr. Joachim Bauer. Anerkennung ist für ihn ein Grundbedürfnis von Menschen und Angelpunkt in Bildungsprozessen: „Anerkennung, Akzeptanz und Wertschätzung führen zu Motivation“. Kinder und Jugendliche wollen wahrgenommen werden und wissen, ob man an sie glaubt. Sie sind dann motiviert und erbringen höhere Leistungen. Hier liegt für ihn der Schlüssel zur Wirksamkeit.
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Beywl, Evaluationsexperte und Übersetzer der weltweit größten Bildungsstudie (Hattie Studie „Lernen sichtbar machen“) weiter: „Die Wirksamkeit von Lernen wird erhöht, wenn Lernen sichtbar gemacht wird“. Lernen braucht Rückmeldungen, d.h. die Entwicklung von Unterricht muss datengestützt sein. Es geht Beywl nicht primär um große Rückmeldeinstrumente wie die Erhebungen von Bildungsstandards, sondern viel mehr um gezielte Instrumente, mit denen Lehrpersonen unvermittelt Rückmeldungen über die Lernprozesse der Schüler/innen bekommen. Dies kann eine kleine Befragung sein, die direkt im Unterricht ausgewertet wird. Je integrierter diese Rückmeldeinstrumente in den Unterricht sind, desto wirksamer sind sie für die Lernprozesse der Lehrperson und somit für die Steigerung der Wirksamkeit von Bildungsprozessen auf Seiten der Schüler/innen. „Wirkungsorientiertes Evaluieren des eigenen Handelns für den Unterricht, das ist Hatties Stachel, den er uns mitgegeben hat“, schließt Wolfgang Beywl und plädiert: „Angstarme Lernumgebungen kommen der Wirksamkeit ein Stück näher.“
Frau Univ.-Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland (Universität Hamburg), Expertin im Bereich der Gender-Forschung und Koedukation, ging in ihrem Vortrag der Frage nach, welche Rolle das Geschlecht auf die Wirkung von Bildungsprozessen hat. Dazu analysierte sie die Hintergründe, weshalb Mädchen und Buben unterschiedliche Leistungen (z.B. bei internationalen Leistungstests) erzielen und welche Diskurse dies auslöst. In ihren Studien kommt sie zum Schluss, dass die Differenzbildung (Buben/Mädchen) die Wirksamkeit von Bildungsprozessen behindere. Das Geschlecht habe keine Aussagekraft über die Bildungsfähigkeit. Es sind viel mehr Zuschreibungen (doing gender), welche die Wirksamkeit von Bildungsprozessen beeinflussen. Es ist für sie deshalb wichtig, sich dieser Zuschreibungsprozesse bewusst zu sein und das Kind als Individuum zu sehen, nicht als Bub oder Mädchen mit entsprechenden positiven oder negativen Attributierungen. Geschlechtergerechtigkeit besteht für sie dann, wenn Bildungsprozesse wirksam sind, unabhängig vom Geschlecht des Kindes. Dies zu erreichen stellt eine wichtige Führungsaufgabe dar.
Alle drei Keynotes gaben wichtige Impulse auch zur vertiefenden Weiterarbeit. In von den LEA-Netzwerkkoordinator/innen moderierten Workshops fand der erste Schritt des Transfers in den jeweiligen Wirkungskontext (Region, Organisation) statt. Im Herbst 2014 sind regionale Folgeveranstaltungen unter aktiver Mitgestaltung der Kooperationspartner/innen (Pädagogische Hochschulen und Landesschulräte bzw. Stadtschulrat für Wien) und unter Beteiligung der Netzwerkkoordinator/innen geplant, die im Frühjahr 2015 zum eintägigen Österreichischen Bildungskongress in Wien führen sollen.
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- •Mag. Maria Gruber-Redl
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