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Studie zu den Ursachen von Wissenschafts- und Demokratieskepsis in Österreich: IHS legt dem BMBWF vorläufige Ergebnisse vor

Das Interesse an Wissenschaft ist in Österreich im internationalen Vergleich gemäß der jüngsten Eurobarometer-Umfrage von November 2021 niedrig. Wissenschafts- und Demokratieskepsis wurden insbesondere in der Pandemie als zunehmende Herausforderung diskutiert.

Das BMBWF erarbeitet daher im Auftrag von Bundesminister Martin Polaschek ein Gesamtpaket, mit dem Ziel, das Vertrauen in die Wissenschaft und in die Demokratie zu stärken. Das 10-Punkte-Programm (TruSD-Strategie) des BMBWF wurde bereits im September der Öffentlichkeit präsentiert. Eine Maßnahme dieses Programms ist die Durchführung einer Ursachenstudie. Diese grundlegende und erstmalige Studie zu den Ursachen von Wissenschafts- und Demokratieskepsis in Österreich soll die historischen, sozioökonomischen (Alter, Geschlecht, Herkunft, Werthaltungen) sowie die systemischen und strukturellen (Bildungs- und Wissenschaftssystem, Politik, Medien, Öffentlichkeit) Dimensionen berücksichtigen, um das wissenschaftliche Fundament als Basis für mögliche Handlungsfelder zu erarbeiten.

Das BMBWF hat seine Terms of Reference zur Studie zu den Ursachen von Wissenschafts- und Demokratieskepsis in Österreich öffentlich ausgeschrieben und das Instituts für Höhere Studien (IHS), welches die Studie gemeinsam mit der Universität Aarhus in Dänemark durchführt, wurde damit beauftragt. IHS-Studienleiter Johannes Starkbaum hat gemeinsam mit einem Team aus Sozialwissenschafter/innen und Historiker/innen des IHS und der Universität Aarhus mit 1. September 2022 die Arbeiten an der Studie aufgenommen. In mehreren Arbeitspaketen, die auch Workshops und Interviews mit Expert/innen sowie Fokusgruppen mit spezifischen Zielgruppen der Bevölkerung beinhalten, werden die Ergebnisse der Studie Ende August 2023 planmäßig dem BMBWF vorgelegt. Eine Präsentation durch Bundesminister Martin Polaschek und Studienleiter Johannes Starkbaum soll im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach im August 2023 erfolgen.

Johannes Starkbaum hat dem BMBWF nun einen internen Zwischenbericht des IHS und der Universität Aarhus vorgelegt. Dieser stellt die vorläufigen Ergebnisse der Arbeiten vor, die von Anfang September bis Ende November 2022 stattgefunden haben. Das sind vor allem Anteile aus den ersten zwei Arbeitspaketen („Konzeptionelle Grundlagen zu Einstellungen zu Wissenschaft und Demokratie in Österreich“ und „Sekundäranalyse von Einstellungen zu Wissenschaft und Demokratie“). Das erste Arbeitspaket umfasst eine breite Literaturstudie. Im Rahmen des zweiten Arbeitspakets wird eine Sekundäranalyse von quantitativen Datensätzen durchgeführt. Dabei wurden Erhebungswellen der letzten Jahre folgender Studien einbezogen: Eurobarometer, Austrian Corona Panel Project (ACPP), Citizen‘ Attitudes Under COVID-19 Pandemic (CAUCP), sowie Wellcome Global Monitor (WGM). Beide Arbeitspakete sind noch nicht abgeschlossen. Insbesondere für den statistischen Teil des Zwischenberichts müssen die ersten tentativen Ergebnisse anhand komplexerer Methoden im Detail untersucht und überprüft werden und sollten daher zum jetzigen Zeitpunkt mit der gebotenen Vorsicht interpretiert werden.

Erste Schlüsselpunkte, die das IHS identifiziert hat, betreffen:

• Die Definition von Wissenschaftsskepsis ist unklar: In der wissenschaftlichen Literatur findet sich keine eindeutige Definition und dieser Begriff wird in Medien, Umfragen und der öffentlichen Diskussion auch häufig unspezifisch und unreflektiert verwendet. Skepsis ist in der Wissenschaft zentral für die Schaffung neuer Ideen; aber Wissenschaftsskepsis ist problematisch, wenn sie wissenschaftlich geschaffenes Wissen kategorisch ablehnt.

• Es gibt einen Zusammenhang der Wahrnehmung von Wissenschaft mit der Konsumation bestimmter (populistischer) Medienformate und Vertrauen in Medien. Mediale Beiträge zum Thema Wissenschaftsskepsis haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Im selben Zeitraum lässt sich jedoch über mehrere Studien keine Zunahme an skeptischen Einstellungen in der österreichischen Bevölkerung verorten. Etablierte Medien (inklusive deren digitale Formate) spielen in der österreichischen Debatte zu Skepsis eine wesentliche Rolle aber Soziale Netzwerke gewinnen zunehmend an Bedeutung. Öffentlichkeit wird immer mehr ein bedingter Referenzpunkt für Wissenschaft.

• Desinteresse an Wissenschaft scheint in Österreich deutlicher ausgeprägt zu sein als systematische Skepsis oder mangelndes Vertrauen in Wissenschaft. Zum Beispiel geben im Rahmen der WGM-Studie deutlich über 80 Prozent jener Befragten, die an Wissenschaft desinteressiert sind, an, Wissenschaft sehr oder zumindest etwas zu vertrauen. Im Rahmen der 2021 Eurobarometerstudie äußern Österreicher/innen vergleichsweise öfter geringes Interesse an Wissenschaft (In Österreich geben 21 Prozent an nicht an wissenschaftlichen Entdeckungen und technologischen Entwicklungen interessiert zu sein. Im EU-17 Schnitt äußern 18 Prozent kein Interesse).

• Desinteresse ist nicht mit mangelndem Vertrauen und auch nicht mit Wissenschaftsskepsis gleichzusetzen. Ein Teil der österreichischen Bevölkerung stimmt im Rahmen der Eurobarometer Studie von 2021 zwar einzelnen wissenschaftsskeptischen und/oder verschwörungstheoretischen Aussagen, zu den Themenfeldern Klimawandel (31 Prozent), Ursprung von Viren (23 Prozent) und Krebsforschung (21 Prozent), zu, aber nur eine vergleichsweise kleine Gruppe äußert sich über mehrere dieser Themenfelder zugleich skeptisch; 6 Prozent der österreichischen Befragten stimmen allen drei Aussagen zu. Generell verteilt sich die Zustimmung zu diesen Aussagen über alle soziodemographischen Gruppen ähnlich. Eine Neigung diesen Aussagen zuzustimmen, gibt es bei Personen mit geringerer Zufriedenheit mit Demokratie und dem eigenen Leben, die auch vergleichsweise geringere Bildung und Unzufriedenheit mit ihrer ökonomischen Lage aufweisen. Im EU-27 Vergleich stimmen die Befragten in Österreich diesen wissenschaftsskeptischen und/oder verschwörungstheoretischen Aussagen tendenziell weniger oft zu.

• Vertrauen in Wissenschaft ist in Österreich in allen untersuchten Umfragen im Zeitverlauf konstant und höher als jenes in andere Bereiche und Institutionen. In zwei untersuchten Erhebungen ist das Vertrauen in Wissenschafter/innen in den letzten Jahren leicht gestiegen (CAUCP und WGM) und im ACPP ist das Vertrauen zu Wissenschaft in den letzten zwei Jahren nur leicht gesunken. Aussagebatterien, die Vertrauen anhand konkreter Beispiele abfragen, ergeben teilweise ein kritischeres Bild - zum Beispiel wenn dies mit persönlichen Interessen von Wissenschafter/innen oder Interessen von Politik gekoppelt wird (ACPP, CAUCP).  Unterschiede nach spezifischen sozioökonomischen Gruppen sind auch hier eher gering jedoch neigen Menschen mit niedrigerer Bildung, Menschen in ökonomisch schwierigen Situationen sowie Personen, die mit der eigenen Lebenssituation unzufrieden sind, zu geringerem Vertrauen in Wissenschaft und geringerer Zufriedenheit mit Demokratie. Im Gegensatz zum Vertrauen in Wissenschaft hat die Zufriedenheit mit der Demokratie im Verlauf der letzten Jahre abgenommen (ACCP).

• Wissenschaft ist ein gesellschaftliches Teilsystem: Skepsis muss nicht Ablehnung von wissenschaftlichen Methoden sein, sondern kann sich auf Kritik der Verbindungen von Wissenschaft mit anderen Gesellschaftsbereichen, wie Politik oder Wirtschaft, beziehen (Aussagebatterien ACPP und CAUCP). Zudem sind Wissenschaft und ihre Disziplinen auch in sich heterogen und teilweise widersprüchlich, was unter anderem bei psycho-sozialen und epidemiologischen Empfehlungen im Rahmen der COVID-19-Pandemie sichtbar wurde. Ursachen für Wissenschafts- und Demokratieskepsis lassen sich auch aus historischen Wechselwirkungen gesellschaftlicher Teilsysteme erklären

• Das Team der Studie arbeitet an einem soziologischen und historischen Blick auf die österreichische Wissenschaftsgeschichte, um die sich wandelnde Beziehung von Wissenschaft und Gesellschaft und damit verbundene Einstellungen der Bevölkerung zu Wissenschaft besser zu verstehen. Wissenschaft wird dabei in den jeweiligen historischen Epochen als Teilsystem der Gesellschaft und in Wechselwirkung mit anderen gesellschaftlichen Systemen wie Politik, Wirtschaft, Öffentlichkeit und Religion gesehen. Die Ursachenstudie untersucht, wie sich dieses wandelnde Verhältnis auf Wissenschafts- und Demokratieskepsis auswirkt.


Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsminister Martin Polaschek: „Die ersten Zwischenergebnisse zeigen, dass wir mit den Maßnahmen der ‚Trust in Science and Democracy‘-Strategie des BMBWF den richtigen Weg eingeschlagen haben. Wir müssen früh in der Schule das Interesse an Wissenschaft fördern. Daher werden wir Wissenschaftsbotschafterinnen und –botschafter an die Schulen bringen, die den Schülerinnen und Schülern ihre wissenschaftliche Arbeit näherbringen, für Wissenschaft begeistern und zu wissenschaftlicher Neugier motivieren sollen. Diese breite Allianz an Wissenschaftsbotschafterinnen und –botschaftern werden wir zu Beginn des Sommersemesters 2023 präsentieren. Die Studie zeigt eindeutig, dass wir Handlungsbedarf haben. Es ist mir ein persönliches Anliegen hier aktiv zu sein und das Interesse an der Wissenschaft und das Vertrauen in unsere Demokratie zu stärken.“

Studienleiter Johannes Starkbaum: „Aktuell wird das Thema Wissenschaftsskepsis in Österreich stärker diskutiert. Dabei fehlt jedoch eine differenzierte Debatte darüber, welche Formen von Skepsis gegenüber der Wissenschaft in der Gesellschaft bestehen und welche Ursachen dafür verantwortlich sein können. Unsere ersten Ergebnisse zeigen, dass Desinteresse an Wissenschaft deutlich ausgeprägter ist als systematische Skepsis oder mangelndes Vertrauen. Das Vertrauen in Wissenschaft ist in Österreich in allen von uns analysierten Umfragen im Zeitverlauf hoch und konstant. Es gibt aber in Teilen der österreichischen Bevölkerung auch kritische Einstellungen zu Wissenschaft. Diese bestehen in allen Gesellschaftsbereichen und beschränken sich nicht auf spezifische sozioökonomische Gruppen. Skepsis muss jedoch nicht Ablehnung von wissenschaftlichen Methoden sein, sondern kann Kritik an den Verbindungen von Wissenschaft mit anderen Gesellschaftsbereichen, wie Politik oder Wirtschaft, sein.

Kontakt

Andreas Jilly
Pressesprecher des Bundesministers
Minoritenplatz 5, 1010 Wien
T +43 1 53120 – 5025
andreas.jilly@bmbwf.gv.at